Offener Brief an die Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel!
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wiederwahl.
Sicherlich wird es für sie keine leichte Amtszeit sein. Es gilt nicht nur die von Ihnen vor der Wahl gesetzten innenpolitischen Ziele zu verwirklichen, sondern auch Deutschlands Verpflichtung, bei der Lösung der globalen Probleme mitzuwirken. Von diesen Weltproblemen ist auch Deutschland im hohen Maße betroffen Die Wirtschaft, die Kommunikationswege und der Verkehr sind global. Daraus ergibt sich für jede Regierung die Berechtigung, aber auch die Verpflichtung, politisch überregional politisch zu wirken. Es geht nicht nur darum schädliche grenzüberschreitende Einflüsse und Einwirkungen abzuwehren, sondern auch das Umfeld des Staates und damit auch das aller anderen so zu gestalten, dass die globalen Krisen überstanden werden können. Das kann allerdings nur geschehen, wenn eine Rechtsgrundlage für die Staaten geschaffen wird, die es ihnen ermöglicht, außerhalb ihrer Grenzen politische Ziele zu verfolge und auch durchzusetzen. Mangels einer internationalen Rechtsordnung existieren die Staaten in einer Machtordnung, die Thomas Hobbes als Naturzustand bezeichnete, den er aber dem Kriegszustand gleichsetzte. In diesem Kriegszustand herrscht das Recht des Stärkeren. Es siegt der Staat, der am besten gerüstet und daher in der Lage ist, nachdrücklich d.h. gewaltsam oder mit Gewalt drohend eigene Interessen zu verfolgen, selbst dann, wenn sie für den Fortbestand der Natur, dem Wohlergehen der Menschen und deren weiteren friedlichen Zusammenleben schädlich sind. Diese Machtordnung lässt zwar eine konstruktive Innenpolitik zu; die Außenpolitik wird dagegen generell systemgerecht destruktiv betrieben und ist bei konstruktivem Agieren in der Regel erfolglos. Der Krieg war bisher das der Machtordnung gemäße Interessenverfolgungsinstitut der Staaten. Die Globalität des politischen Umfelds verlangt jetzt aber von jedem Staat auch eine nach außen gerichtete konstruktive Politik, die zur Lösung der von Carl Friedrich von Weizsäcker genannten Weltprobleme, Friedens- Schöpfungswahrung und Gerechtigkeitsfindung beiträgt. Sie zu lösen, hat er schon im Jahre 1986 unbedingt angemahnt. Jetzt sind sie derart bedrängend geworden dass es für eine Rettung der Menschheit und der Natur fast zu spät erscheint:
Da ist zunächst seine Forderung zur Wahrung des Friedens:
Der Krieg, das bisherige Interessenverfolgungsverfahren, steht den Staaten nicht mehr als Mittel zu Beendigung von Krisen zur Verfügung, d.h. heißt, sie sind im Prinzip ohnmächtig. Politische Ziele können nicht mehr mit ihm verfolgt werden, es sei denn, man will nur die
2
Vernichtung und das Töten. Wenn dennoch Kriege ausbrechen dann werden sie ohne jede rechtliche Definition und Eingrenzung geführt. Sie werden nicht mehr erklärt und nicht mehr beendet. Viele Staaten zerfallen in Bürgerkriegen, in denen zwischen berechtigten Zerstören und Töten und unberechtigten nicht mehr unterschieden werden kann. Terror- und Verbrecherorganisationen und sog. Sicherheitsunternehmungen sind militärisch gerüstet. Sie haben den Staaten das außenpolitische Gewaltmonopol entrissen. Jeder Staat, der die technische Möglichkeit dafür hat, überwacht nicht nur seine Bevölkerung, sondern die aller Staaten, auch die der befreundeten. Gesucht wird nicht nach Verbrechern, sondern nach sog. Gefährdern, die man auch Terroristen nennt. Nicht nur Staaten können damit für andere Staaten zu feindlichen werden, sondern auch jeder Bürger, gleich wo sie sich aufhalten. Der Verdacht zu seiner Überwachung und Verfolgung reicht aus. Zwischen innerstaatlicher Sicherheit und außenpolitischer wird immer weniger unterschieden. Es verbreitet sich die Ansicht, Terroristen dürfe man nicht nur überall aufspüren, sondern auch töten. Dafür gibt es Drohnen, die nicht nur über das eigene Territorium wachen und töten, sondern auch über das „befreundeter“ Staaten. Immer mehr Staate werden sich atomar aufrüsten, so dass die Gefahr der weltweiten Vernichtung aus Versehen besteht oder dass diese Waffen in die falschen Hände geraten. Die Aufrüstung eines jeden Staates für nicht mehr zu führende Kriege verschlingt Geld in unvorstellbarer Höhe.
Es kommt hinzu, dass immer preiswerter und effektiver über das Internet ein Staat vernichtend geschädigt werden kann. Ohne dass er es merkt, wer ihn angreift, können seine Versorgungssysteme über Trojaner, Viren und Würmer zerstört oder außer Funktion gesetzt werden. Waffen können derart umprogrammiert werden, dass sie ihren Besitzer selbst schädigen. So zu verfahren, lohnt sich insbesondere bei dem Einsatz von Robotern und Drohnen.
Kurz zwischen Krieg und Frieden ist nicht mehr zu unterscheiden. Es herrscht der globale Krieg, wie es ihn vor 1989 noch nicht gegeben hat.
Die Lage ist also weit dramatischer, als im Jahre 1986 zur Zeit der Bipolarität der Machtverhältnisse, als Carl-Friedrich von Weizsäcker die Lösung des Krieg-Frieden-Problems anmahnte. Es geht eigentlich nicht mehr um die Wahrung des Friedens, sondern um die Findung desselben. Um den Frieden wieder herzustellen, muss es ein internationales Verfahren geben, das ausschließlich die Staaten ermächtigt, militärische Gewalt im Auftrag der UNO zu üben. das die Staaten verpflichtet, gegen einen Aggressor vorzugehen, nachdem in einem Verfahren festgestellt worden ist, wer nichtlegitimierte Gewalt geübt hat.
Kriege (jetzt nicht im juristischen Sinne) werden aber noch auf einer weiteren Ebene, wenn auch noch vorwiegend gewaltlos geführt, auf der der Ökonomie. Die globale Wirtschaft ist imperialistisch, d.h. alles beherrschend, wenn auch kopflos aber systematisch agierend. Die ökonomische Macht konzentriert sich auf immer weniger werdende Konzerne. Das System besteht in einem Wettkampf, der getrieben von der Gier nach dem höchsten Gewinn unter Nichtbeachtung aller moralischen Grundsätze, kaum gezügelt durch internationales Recht ausgefochten wird. Der Wettkampf wird inzwischen teilweise über Computer mit militärischer Strategie gesteuert. Es gilt, die Konkurrenz auszuschalten. Zuerst sind es die mittelständischen Betriebe, dann die schwächeren Konzerne. Der Staat hat diesem Imperium geflissentlich zu dienen.
Die Staaten haben sich weitgehend der globalen Marktwirtschaft unterworfen. Ihre innenpolitischen Ziele für Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit verfolgen sie nur noch insoweit, als es die globale Marktwirtschaft zulässt.
Die Völker der Erde werden zurzeit auf zwei Ebenen beherrscht, auf der der Politik durch die Staaten und der des globalen Marktes. Die Herrschaft der Staaten kann durch eine
3
rechtsstaatliche, demokratische Verfassung gezügelt werden. Die Freiheit ihrer Völker vor der Herrschaft des globalen Marktes müssen die Staaten erkämpfen, indem sie ihn derart reglementieren, dass soziale und moralische Aspekte ihm immanent werden. Dieser Kampf kann nur auf Grund einer politischen Verfahrensordnung gewaltlos ausgetragen werden.
Wahrung der Umwelt (Schöpfung):
Michael Gorbatschow erklärte schon vor Jahren, der Mensch befände sich im Krieg gegen die Natur. Es gibt Staaten, die, obgleich sie verpflichtet sind, für den Erhalt zu Umwelt zu sorgen, sie zerstören oder das grenzenlos zulassen. Das geschieht insbesondere in den internationalen Räumen der Meere und der Atmosphäre. Es werden Wälder gerodet oder verbrannt, Böden vergiftet, Tiere bis zur Ausrottung gejagt, die Atmosphäre und die in ihrer Zusammensetzung verändert oder verschmutzt, und das so weit, dass die Existenz von immer mehr Arten der Fauna und Flora und damit auch die des Menschen bedrohlich gefährdet wird. Die Ressourcen der Erde werden im Übermaß verbraucht. In den überfischten Meeren brechen die Nahrungsketten zusammen. Die Klimaveränderung bzw., besser die -katastrophe kündigt sich immer deutlicher durch zu lange Perioden der Trockenheit, übermäßige Überflutungen, durch Regengüssen, Überhitzungen, Hurrikans und Tsunamis an.
Der Mensch erkennt die Natur noch nicht einmal als Kriegspartei an, sondern nur als Opfer seiner Willkür. Er muss erkennen, dass er Teil dieser Natur ist und ihr gleiche Existenzrechte zuerkennen. Sog. Lebenssphären, Gebiete die zur Aufrechterhaltung der Biosphäre notwendig sind, sollten berechtigt werden, um ihre Existenz zu kämpfen.
Die Findung der globalen Gerechtigkeit.
Sie gibt es noch nicht und ist bisher auch noch nie angestrebt worden. Ein solches Bemühen widerspräche auch dem Prinzip der bestehenden Machtordnung. Es wird zwar von den Industriestaaten an „bedürftige“ Staaten Entwicklungshilfe geleistet, meistens ist wird über sie aber ein wirtschaftliches Eigeneinteresse verfolgt. Durch mit Auflagen und Bedingungen Kreditgewährung wird die Verschuldung der Staaten vergrößert, die Strukturen und die Effektivität der Staaten beschädigt.
Viele Völker verelenden nicht zuletzt durch die Vernichtung ihrer Umwelt. Selbst in Indien sterben jährlich Hunderte den Hungertot. Das liegt noch nicht einmal an den fehlenden Ressourcen, sondern eher an der ungerechten Verteilung der Güter. Ethnische und religiöse Minderheiten werden in vielen Ländern brutal verfolgt. Die Menschen fliehen unter Lebensgefahr in andere Länder, von denen sie glauben, dort ein menschenwürdiges Leben führen zu dürfen und auch ihre Familien ernähren zu können. Da es meistens die kompetenten und qualifizierten Bürger sind, die in ihrer Not aus ihrem Heimatland fliehen, fehlt diesem Staat durch die Emigration die Kompetenz, das Land wieder aus dem Elend zu befreien. Für viele Staaten und damit auch für Deutschland wird die Immigration aus fremden Kulturkreisen zu einem immer größeren Problem. Unruhen und Gewaltausbrüche sind die Folge. Wenn die Emigration auf ein innenpolitisches Versagen des Staates, aus dem seine Bürger flüchten zurückzuführen ist, das grundsätzlich von der Staatengemeinschaft hingenommen werden muss, so kann erwartet werden, dass auch ein solcher Staat sich zu einem Rechtsstaat entwickeln wird, wenn er wie alle anderen Staaten nach den Regeln eines einheitlichen Rechtssystems agieren muss, um erfolgreich zu sein
4
Zur Lösung der drei Weltprobleme muss der zwischen den Staaten bestehende philosophische Kriegszustand in einen Rechtzustand gewandelt werden. Dieser Zustand ist schon erreicht, wenn die Staaten sich einem den Krieg ersetzenden politischen Verfahren. in dem es ihnen ermöglicht wird, politisch wirksam ihre Vorstellungen zur Lösung der Weltprobleme zu verwirklichen unterwerfen, und es auch nutzen.
Diese Art von Rechtsordnung muss wie jede andere auch im Konsens der Staatengemeinschaft gefunden werden. Es muss aber einen Staat geben, der dazu die Initiative ergreift. Das sollte Deutschland sein. Das Land ist insofern dazu besonders verpflichtet, weil es als Verursacher des 2. Weltkrieges und Verfolgung einer Rassenpolitik weltweiten Schaden angerichtet und maximales Unrecht verübt hatte. Außerdem hat es innerhalb der Staatengemeinschaft sich durch vorbildliche Politik die dafür erforderliche Anerkennung verschafft. Anlässlich des Tages der deutschen Einheit am 3. 10. 2013 sagte der Bundespräsident in seiner Festrede: „Das vereinigte Deutschland, es ist heute wirtschaftlich stark, es ist weltweit geachtet und gefordert. Unsere Demokratie ist lebendig und stabil. Deutschland hat ein Gesellschaftsmodell entwickelt, das ein hohes Maß an Einverständnis der Bürger mit ihrem Land hervorgebracht hat. Für viele Länder in der Welt sind wir sogar Vorbild geworden – für Menschen meiner Generation fast unvorstellbar. All das ist Grund zur Dankbarkeit und Freude – einer Freude, die uns heute aber vor allem Ansporn sein soll,“ politisch auch jenseits der Staatsgrenzen positiv zu wirken. Wenn Sie wie ich davon überzeugt sind, dass die WeltprobIeme jetzt in absehbarer Zeit gelöste werden müssen und dies nicht mehr durch kriegerische Gewalt geschehen kann, dann sollten Sie ihr Amt nutzen, als deutsche Bundeskanzlerin die Voraussetzungen für die Findung einer internationalen Rechts- oder Friedensordnung zu initiieren. Ihnen habe ich im April dieses Jahres vorgeschlagen, eine Kommission zu bilden, die den Auftrag erhält, auf nationaler oder auch internationaler Ebene(EU, UNO) eine derartige Friedens- oder internationalen Rechtsordnung zu erarbeiten. Der Vorschlag konnte Ihnen nicht zur Kenntnis gebracht werden, so dass er auf diese Weise wiederholt werden muss.
Ein in 20 Jahren erarbeitetes Konzept für eine Friedensordnung, bestehend aus einer internationalen politischen Verfahrensordnung und einem Aggressionsverhinderungskonzept kann der Kommission als Arbeitsgrundlage zur Findung einer endgültigen Fassung unterbreitet werden.
Die Staaten benötigen für den Krieg ein Ersatzverfahren, mit dem sie gewaltlos Interessen verfolgen, Krisen beseitigen und Probleme lösen können. Die ständigen ergebnislosen internationalen Konferenzen, die sich den Weltproblemen widmeten, haben alle Politiker frustriert und zur allgemeinen Resignation geführt. Das müsste die Politiker eigentlich längst von der Notwendigkeit, den Staaten eine Weltrechtsordnung für ihr politisches Agieren zu geben, überzeugt haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche der vorgeschlagenen Art von allen Staaten angenommen werden wird, ist zurzeit noch sehr groß. Für die Staaten bedeutet das nämlich:
1.) Ihre Souveränität und ihr Gewaltmonopol werden akzeptiert, garantiert und sogar wieder herstellt,
2.) Sie erhalten zusammen mit dem Aggressionsverfahren einen sicheren Schutz vor nichtlegitimierter, grenzüberschreitender Gewalt.
3.) Ihre Hoheitsrechte werden den privaten vorangestellt.
4.) Sie können und werden sich gegen verbrecherische oder terroristische Gewalt solidarisieren.
5.) Ihnen wird ein Verfahren zur Verfügung gestellt, auf Grund dessen sie nicht nur ihre Rechte, sondern Interessen gewaltlos verfolgen und durchsetzen können.
5
6.) Die Staaten die überwiegende Interessen, also z.B. die für die Biosphäre Erde verfolgen, werden in diesem Verfahren obsiegen.
7.) Da das Konzept weder religiös, noch ideologisch begründet ist, es sei dann man ordnet die Vernunft, auf das es beruht, einer Religion oder Weltanschauung zu, kann jeder Staat, auch der religiös geprägt ist, das Konzept akzeptieren.
Wenn Deutschland, das aus den oben genannten Gründen verpflichtet und aus seiner Position innerhalb der Staatengemeinschaft dazu berufen ist, den Vorschlag zur Bildung dieser Kommission anzunehmen, ihn dennoch ausschlägt oder ihn wie bisher ignoriert, dann sollte öffentlich die Gründe, die dagegen sprechen, angeführt werden oder man sollte den Staat benennen, der eher als Deutschland berufen wäre, auf den Vorschlag des Instituts einzugehen, und mitteilen, warum man nicht mit diesem Staat zusammen initiativ sein will.
Mit freundlichen Grüßen
Hinrich Bartels