Umweltstatut-Regelungsinhalt

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Ein internationales Umweltstatut
Im Dezember 2009 trafen sich die Staaten in Kopenhagen, um Regelungen zu finden, durch
die die drohende Klimakatstrophe verhindert werden sollte. Sie besteht im Wesentliche darin,
dass durch die Anreicherung der Atmosphäre mit Schadstoffen verschiedener Art,
insbesondere mit den durch Verbrennungsprozessen entstehendem CO² diese sich global
erwärmt, so dass die Gletscher und das Eis in der Antarktis abtauen, der Meeresspiegel steigt,
Wüsten sich ausbreiten, Inseln versinken Tierarten aussterben u.s.w. Die Lösung wird darin
gesehen, dass der Ausstoß von Schadstoffen vermieden oder zumindest reduziert, und die
Abholzung, Rodung und Abbrennen von Wäldern unterlassen wird. So stellt sich natürlich
den Staaten, welchem Staat sollen in welchem Maße diese Umweltmaßnahmen aufgegeben
werden. Sollen die armen Entwicklungsstaaten darauf verzichten, ihre Entwicklung ihrer
Industrie abbrechen, damit die reichen Staaten weiterhin die Klimaerwärmung
verursachenden Energieverbrauch sich leisten können. Sollen die reichen Länder ihre
Energieverbrauch stoppen oder nur mäßigen, damit die Entwicklungs- und Schwellenstaaten
erst einmal unbelastet eine eigene Industrie aufbauen können?
Die Regierung jeden Staates ist gegenüber dem Staat und dem vertretenem Volk verpflichtet,
die eigenen Interessen zu vertreten und nicht die der anderen, meistens konkurrierenden und
sogar feindlichen Völkern gegenüber. Wenn immer sich Staaten zu einer Konferenz zur
Lösung eines globalen Problems zusammen finden, verfolgt jeder Staat die Interessen, in
einer gewissen Rangfolge, wobei die Verhandelnden sich folgende Fragen stellen und sowie
wie folgt beantworten:
1.) Wie kann man die eigene Machtposition innerhalb der Staatengemeinschaft
behaupten, wenn nicht sogar vergrößern?
a.) Indem die Abhängigkeiten andere Staaten vom eigenem Staat erhalten oder
vergrößert wird.
b.) Indem man Konzessionen, Zuwendungen oder Erlaubnisse für den eigenen Staat
aushandelt.,
c.) Indem Konkurrenzstaaten in ihrer Macht beschränkt werden.
2.) Wie kann am erreichen, dass die Positionen der verhandelnden Regierung innerhalb
des eigenem Staatgebildes gestärkt wird?
a.) Indem Erfolge im Sinne der Interessenverfolgung populistisch so darstellt werden,
als wenn man die Welt gerettet hat, ohne dass große Belastungen auf den Staat
zukommen,
b.) indem man jede übernommen Belastung in seiner Wirkung zugunsten auf das
Weltgeschehen und das eigene Bemühen darum groß aber für den eigenen Staat
geringfügig darstellt.
3.) Wann und wie sollte man allgemeine, also globale Interessen, z.B die Verhinderung
einer weiteren Klimaveränderung, verfolgen?,
a.) Nur, wenn die Klimaveränderungen ungünstige Einwirkungen auf das eigene Land
hat,
b.) Nur, wenn die Belastungen und Konzessionen in einem für den eigenen Staat
günstigen Verhältnis zu den erwartenden Auswirkungen der Klimaerwärmung hat.
c.) Nur, wenn die Aussicht besteht, andere Staaten zu größeren Belastungen und
Konzessionen zu bewegen, so dass die eigenen Verpflichtung gemindert werden
können.
Für die Staatengemeinschaft ist also die drohende Klimaerwärmung nur ein Anlass, politische
Machtkämpfe auszutragen. Die Biosphäre, die es zu retten gilt, ist für sie nur ein Gut, um das
man sich allein um den höchsten Grad ihrer Ausbeutung zu streiten, sich bereit findet. Zu
meinen, Klimakonferenzen, an denen über 100 Staaten teilnehmen, könnte die Biospäre in
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einen lebensfördernden Zustand erhalten, ist naiv. Wenn die Staaten sich darauf beschränken
zu erklären, dass man das tun sollte, so ist das schon ein Erfolg. Konkrete Übernahmen auf
überprüfbare und vollstreckbare Verpflichtungen sind angesichts der Interessenlage der
Staaten so gut wie ausgeschlossen.
Michael Gorbatschow, ein Politiker, der in den letzten 100 Jahren wie kein anderer die Welt
verändert hat, soll gesagt haben: „Wir führen einen Krieg gegen die Natur und damit gegen
uns selbst.“1 Dieser Krieg ist im höchsten Maße unfair, da der Mensch den Krieg gegen
jemanden führt und diesem dabei noch nicht einmal die Rolle einer Kriegspartei zubilligt, er
vielmehr die Natur als wehrloses Opfer seiner Gewalt und Willkür missachtet. Die
Veränderungen der Natur, die der Menschen verursacht, nimmt diese klaglos hin. Sie wehrt
sich einfach dadurch, dass sie lebensfeindliche Züge annimmt, d.h. sie kann dem Menschen
zur Aufrechterhaltung seines Daseins nicht länger zur Verfügung stehen.
Es hilft auch nicht viel, wenn den Staaten ein politisches Verfahren gegeben wird, auf Grund
dessen sie in der Lage wären, ihre Interessen gewaltlos zu verfolgen und durchzusetzen. Die
Rolle des bloßen Opfers würde die Natur selbst behalten, selbst dann, wenn über ein solches
Verfahrensinstitut jeder Staat bereits die Abwehr von Umweltgefährdungen als Durchsetzung
vitaler Interessen erreichen kann. Die Verfolgung eines derartigen Anspruchs wird nämlich in
der Regel bei globalem Verfall der Umwelt schwer zu verwirklichen sein, weil ein einziger
unmittelbarer Störer oder Verursachter nicht auszumachen sein wird. Bestandteil der
Internationalen Rechtsordnung muss daher auch ein Umweltstatut sein, das klar die
Verantwortlichkeiten und die Rechte der Umwelt und des nicht humanen Lebens verteilt. Die
Umwelt muss selbst Rechtssubjekt werden und darf nicht Rechtsobjekt bleiben. Dies
geschieht dadurch, dass man die Biosphäre Erde in verschiedene Lebensraume aufteilt, wie
die Ozeane, die großen Waldregionen, die Flüsse, die Atmosphäre, die Sümpfe und Steppen
und so weiter und diesen dann die Rechtsfähigkeit und damit auch die Prozessfähigkeit für
internationale Verfahren zuerkennt. Ich muss zugeben, dass diese Idee nicht von mir stammt,
sondern von dem großen amerikanischen Juristen und Richter am Supreme Court, Christopher
D. Stone.2 3Diese Lebensräume können natürlich ihre Rechte auf Erhalt und Gefahrenabwehr
nicht selbst geltend machen. Sie werden deshalb unter Vormundschaft bestimmter Staaten
gestellt. Soweit sich ein Lebensraum ausschließlich auf dem Territorium eines einzigen
Staates befindet, erhält natürlich dieser Staat die Vormundschaft und wird somit zum
Doppelstaat, hat also zwei oder mehrere volle Berechtigungen i.S. der politischen
Verfahrensordnung, je nach dem, wie viele Lebensräume er besitzt. Die anderen Gebiete, die
sich also über zwei oder mehrere Territorien der Staaten erstrecken, können entweder
mehreren Staaten in Gesamtverantwortung übertragen werden oder im wechselnden Turnus in
jeweilige Alleinverantwortung. Soweit ein Staat über einen Lebensraum auf seinem
Territorium verfügt, muss er der Verwaltung über diese Sphäre eine derart unabhängige
eigenständige Position einräumen, die mit der eines unabhängigen Gerichts zu vergleichen ist,
denn es kann sein, dass die Verwaltung im Interesse des Lebensraumes gegen den eigenen
Staat vorgehen muss. Der Vormundschaftsstaat kann, nachdem er den Lebensraum als
1 Franz Alt, „Eine bessere Welt ist möglich, das ist mein Gebet, Publik-Forum Nr. 15/03, S. 22
2 Christopher D. Stone, Umwelt vor Gericht, Treckster Verlag, München 1987
3 Der Verfasser ist auch der Auffassung, dass es sinnvoller ist den bedrohten Tierarten ihren Lebensraum zu
erhalten, als speziell für die Aufrechterhaltung der jeweiligen speziellen Population einer Tierart Sorge zu
tragen. Siehe hierzu: Christiane Grefe und Andreas Sentker, Versöhnung mit der Wildnis, Die Zeit, Nr.
21/08, S. 35
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eigenständiges Rechtssubjekt aufgebaut hat, keine Herrschaft mehr über ihn ausüben. Er ist
verpflichtet, sie finanziell zu unterhalten. Der Vorteil für den Staat besteht darin, dass von
seinem Territorium aus in besonderer Art und Weise für die Natur seines Territoriums gesorgt
wird. Es ist vorgesehen, dass das Umweltstatut durch ein Statut für die „Staaten in Not“
ergänzt wird. Staaten die den finanziellen Aufwand für einen Lebensraum sich nicht leisten
können, haben das Recht auf Unterstützung durch den von ihnen bestimmten Patenstaat. Jeder
Staat ist berechtigt solch einen Patenstaat zu wählen. Dieses System soll das allgemeine
diffuse System der Entwicklungshilfe ersetzen.
Die wichtigsten Lebensräume sind natürlich die Ozeane und die Atmosphäre. Die
Verantwortung für diese Lebensräume sollten nur Superstaaten im wechselnden Turnus
anvertraut werden. Die Lebensräume selbst haben Rechte, vornehmlich Abwehrrechte
gegenüber Staaten und anderen Lebensräumen, also haben sie auch Verpflichtungen. Diese
Verpflichtungen kann jeder Staat und jeder andere Lebensraum in dem oben geschilderten
Verfahrensinstitut einklagen, und zwar im ordentlichen Verfahren vor dem IGH wie nach der
der politischen Verfahrensordnung..
Stellt sich nun in dem einen oder anderen Verfahren heraus, dass ein Vormundschaftsstaat
seiner Verantwortung nicht im gehörigen Umfang gerecht geworden ist, so kann er sie
verlieren, selbst dann, wenn es sich um eine Lebenshäre handelt, die sich auf seinem eigenen
Territorium befindet.
Die für die Ozeane oder Atmosphäre verantwortlichen Staaten müssen nicht gleich jeden
Luftverkehr, jeden Fischfang und jeden Transport von Öl mit Tankern verbieten, wenn sie um
das ökologische Gleichgewicht der genannten Lebensräume besorgt sind. Es steht ihnen frei,
für derartige belastende Eingriffe von außen Gebühren zu erheben oder die Kontingente wie
die Fangquoten und Fangarten zu beschränken. Das eingenommene Geld muss, so schreibt es
der Entwurf des Umweltstatuts vor, für die Umwelt auch wieder ausgegeben werden. So zieht
sich über den Erdball ein Netz von Ansprüchen und Verpflichtungen, das der Erhaltung der
Biosphäre als Garanten allen Lebens erhält.
Das System soll nachfolgend an einem aktuellem (2007) Fall erörtert werden: Der
Pazifikinselstaat Tuvalu ist durch die Klimaerwärmung bereits jetzt in Existenznot geraten.
Die Erhöhung des Meeresspiegels auch nur um einige Zentimeter würde bewirken, dass die
Insel im Meer versinkt. Das bisherige Ansteigen des Meeresspiegels hat bewirkt, dass die
Insel schon bei mäßigem Sturm überflutet wird. Ein Flüchtlingsstrom von der Insel hat bereits
eingesetzt.4 Der Staat Tuvala hat also ein existentielles Interesse daran, die durch den
Menschen verursachte Klimaveränderung zu stoppen. In dem politischen Verfahren könnte
Tuvala nun von allen Staaten fordern, die massiv das Klima durch Abgabe von Schadstoffen,
insbesondere von Co², in die Atmosphäre verunreinigenden Emissionen zu unterlassen. Mit
Geltendmachung eines Existenzrechts sind die Erfolgsaussichten einer solchen Klage immens
hoch. Alle Staaten, die unter ähnlichen Folgeerscheinungen des Klimawandels leiden, hätte
dieser Staat als Streitgenossen in dem politischen Verfahren5. Dagegen hätten, das sieht die
FO vor, die verklagten Staaten in dem Verfahren nur eine einzige Stimme, allerdings noch
die Stimmen der nicht verklagten Staaten, wenn diese sich den das Klima verändernden
Staaten als Streitgenossen anschließen würden. Eine zweite Möglichkeit für den Staat Tuvalu
bestände darin, den Lebensraum Atmosphäre in dem politischen Verfahren zu verklagen, so
dass diese für die Eindämmung des schädlichen Schadstoffausstoßes sorgen müsste. Die
Lebensraum Atmosphäre müsste dann allerdings auch wieder, jetzt aber in eignem Interesse,
4 Anwen Roberts, Staat ohne Land, Der Spiegel, Nr. 37/07, S. 166
5 Siehe J VI 1
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von allen Emissionsstaaten die Einhaltung der von ihr aufgestellten Emissionsrichtlinien
fordern. Auch in diesem Verfahren würden die mit den gleichen Anträgen belangten Staaten
in dem Verfahren nur mit einer einzigen Stimme wirksam sein können. Stellte sich in den
Verfahren heraus, dass die verklagte Lebensräume ihre Aufgabe nicht richtig wahrgenommen
haben, so könnte das dazu führen, dass ihr Vormundschaftsstaat oder ihre
Vormundschaftsstaatengemeinschaft ihre Vormundschaft an einen anderen Staaten oder an
eine andere Staatengemeinschaft abtreten muss. So schreibt es der Entwurf des Umweltstatuts
vor.
Die Völkerrechtler suchen zurzeit verhältnismäßig hilflos nach einer Lösung des Tuvalu-
Problems. Dass ein Staat nicht durch militärische Gewalt um seine Existenz gebracht wird ist
für sie neu. Man begnügt sich zurzeit damit zu prüfen, ob die Umweltflüchtlinge aus Tuvalu
nicht den Kriegsflüchtlingen gleichgestellt werden müssen. Zur Rettung der Insel fällt ihnen
nichts ein.6 Wären die U.S.A. oder wäre auch schon China in gleicher Weise betroffen wie
heute schon der Inselstaat Tuvalu, dann würden sie nicht zögern, alle Staaten mit
militärischem Druck zu einem umweltverträglichen Verhalten zu zwingen.
6 Anwen Roberts, Staat ohne Land, Der Spiegel, Nr. 37/07, S. 166