Vorwort

Stand: 17.10.2013 Das Recht zum Töten im Kriege oder Wer darf warum, wie lange noch, wann, wo und wen im Kriege töten? Vorwort: Wenn im letzten Weltkrieg die Familien die schreckliche Mitteilung erhielten, dass der Ehemann, der Vater oder der Sohn im Kriege gefallen sei, so vergrößerte diese Nachricht sicherlich den Hass auf den Feind, doch machte man dem feindlichen Soldaten, der den Tod herbeigeführt hatte, konkret keinen Vorwurf, weil man wusste, im Krieg töten die eigenen, wie die feindlichen Soldaten gleichermaßen und weil das so ist, wird das wohl so rechtens sein. Der Gegenstand dieser Erörterung, das Recht zum Töten im Kriege, wurde kaum in Frage gestellt, weil es eine Selbstverständlichkeit zu sein schien. Vielleicht wird die Existenz dieses Rechts von den betroffenen Familien, die in Vietnam, in Afghanistan im ehemaligen Jugoslawien ihre Väter, Brüder und Ehemänner verloren haben, auch heute noch nicht angezweifelt; doch wird von diesen und überhaupt von jedermann die Frage gestellt, warum es Zeiten und Situationen, also warum es Kriege gibt, in denen zu Recht getötet wird. War das Thema dieser Studie vor den Terrorakten auf das World-Trade-Center und das Pentagon vom 11. 9. 2001 schon provozierend, so ist es nach dem schrecklichen Geschehen noch viel mehr. Denn, wenn der ehemalige amerikanische Präsident George W. Bush nach den Terrorakten von einem Krieg gegen den Terrorismus sprach und er damit die Terroristen zu Kombattanten erhob, so muss man sich doch fragen, ob auch diese Kombattanten noch rechtmäßig töten oder ob nur das Töten von Terroristen rechtens ist. Auch kann man sich vorstellen, dass der Leser dieser Studie sich fragen wird, soll das nun eine historische oder juristische Abhandlung sein, die sich mit dem Recht zum Töten befasst. Gibt es denn überhaupt noch den Krieg als völkerrechtliches Institut, der das Töten rechtfertigen könnte? Sind die andauernden mörderischen Vorgänge seit 2002 in Afghanistan, im Irak und Libanon noch als Kriege zu bezeichnen, die das Töten rechtfertigen könnten oder sind sie nur militärische oder gewaltsam ausgetragene Konflikte, die alle daran Beteiligten schlicht zu Mördern machen und die nur deshalb als solche nicht verfolgt werden, weil die Staaten nicht mehr die Macht dazu haben, also unfähig geworden sind, Unrecht zu verfolgen und zu verhindern und ihre Bürger vor Gewalt zu schützen? Ist vielleicht nicht nur das völkerrechtliche Institut Krieg bereits untergegangen, sondern sind mit ihm auch die Staaten als Garanten für die innere und äußere Sicherheit der Bürger verschwunden? Hat die Globalität des Marktes nicht nur die Wirtschaft von allen staatlichen Zwängen befreit, sondern auch der Gewalt jede Eindämmung genommen? Um das Thema abschließend zu behandeln, müssen all diese Fragen beantwortet werden. Die täglichen Berichte über Terrorbedrohung in allen Teilen der Erde, Verelendung von großen Teilen der Bevölkerungen in Afrika und Asien und die herannahenden anthropologisch verursachte Klimakatastrophe lassen erahnen, dass die Menschheit sich insgesamt am Ende eines zivilisatorischen Prozesses befindet, so dass man sich nicht auf die Begründung und Feststellung eines Rechts zur vernichtenden Gewalt beschränken darf, wenn es auch darum geht, dieses Recht aus der Welt zu schaffen. Je enger und je lebensfeindlicher die Verhältnisse auf der Erde werden, desto eher wird der Mensch zur Gewalt schreiten. Es besteht die Hoffnung, dass er gewaltfreie Lösungen seiner Probleme findet, wenn ihm der gewaltsame Weg dorthin verbaut ist. Man kann ihm aber den gewaltsamen Weg nicht wirksam verbauen, wenn man sich nicht auch mit den anderen beiden Menschheitsproblem befasst, wie die Gerechtigkeitsfrage und die Schöpfungsbewahrung. Täte man das, so würde man den Menschen jede Hoffnung nehmen, die sich anbahnenden Katastrophen abzuwenden. Man würde damit den Prozess zum Untergang nur beschleunigen. Wenn es das Recht zum Töten im Krieg tatsächlich noch geben sollte, so muss herausgefunden werden, warum sich der Zustand der menschlichen Gesellschaft, die ein solches Recht zulässt, bis heute erhalten hat und wie was zu ändern ist, damit die Völker vor kriegerischer oder terroristischer Gewalt hinreichend oder zumindest besser als bisher geschützt sind, d.h. es geht auch darum, dieses schreckliche Recht wirksam abzuschaffen. Es gilt, ein Beziehungssystem, also eine Rechtsordnung zwischen den Völkern und Staaten zu finden, die im Prinzip das Töten eines Menschen verbietet und verhindert; denn eins ist sicher: Wenn der Krieg und alle international geübte Gewalt in ihren heute existierenden realen Formen abgeschafft und verhindert werden sollen, dann kann das nur durch das Recht geschehen, das globale Geltungskraft besitzt. Einem Großteil der Staaten ist es im Laufe der Zeit gelungen, die Todesstrafe aus ihrem Rechtssystem zu eliminieren. Damit haben sie offensichtlich eine Kulturstufe erreicht, die ohne das Recht des Staates auf das Leben und auf Eingriffe in die Würde des Menschen auskommt. Die Staaten haben aber offensichtlich auf ihr Recht zum Töten zur Abwehr der Gewalt und der Gefahren von Außen, wenn es existieren sollte, noch nicht verzichtet. Während die Abschaffung der Todesstrafe noch eine interne Entscheidung eines jeden Staates ist, kann das Recht des Staates, seinen Soldaten zu befehlen, den feindlichen Kämpfer zu töten, nur beseitigt werden, wenn sich alle Staaten dazu entschließen würden. Wie die Bürger eines Staates auf die Anwendung von Gewalt im eigenen Interesse zugunsten des Staates verzichtet haben, müssten wiederum die Verzichtsleistungen der Staaten im Rahmen einer Rechtsordnung erfolgen, die jedem Staat die Sicherheit gibt, dass jeder von ihnen bei der Anwendung von Gewalt außerhalb der Rechtsordnung in Verfolgung eigener Interessen mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit scheitern wird und damit seine Existenz aufs Spiel setzt.. Nach allen großen Kriegen hat man versucht, durch Bildung einer losen Rechtsgemeinschaft, den Krieg zu verdammen, so nach den napoleonischen Kriegen durch die Heilige Allianz, nach dem 1. Weltkrieg durch den Völkerbund, nach dem 2. Weltkrieg schließlich durch die UNO. Alle diese Bemühungen scheiterten. Dass der Völkerbund versagen würde, bemerkte man schnell, denn im Jahre 1928 wurde der Kellogg-Briand-Pakt ins Leben gerufen, der den Krieg zur Verfolgung eigener Interessen des Staates verdammte. All diese Bemühungen waren aber insofern nicht vergeblich, als mit ihnen immer wieder zum Ausdruck gebracht wurde, dass mit Kriegen Krisen nicht bewältigt werden können und nur Unheil angerichtet wird. Die UNO-Charta von 1949 gewährt den Staaten in ihrem Art. 51 sogar ausdrücklich noch das „naturgegebene Recht“ auf Selbstverteidigung. Darin liegt das Eingeständnis aller Staaten, dass sie sich noch in einem Naturzustand befinden, der es ihnen erlaubt, auf Gewalt, verbunden mit dem Recht zu töten, zurückzugreifen, wenn ihnen nicht rechtszeitig von der Staatengemeinschaft geholfen wird. Dass die Rechtzeitigkeit der Hilfeleistung eigentlich keine rechte Bedingung oder Voraussetzung für das Recht zum Krieg ist, ist schon in der Bestimmung selbst angezeigt, indem ausdrücklich auf die Naturgegebenheit dieses Rechts hingewiesen wird. Wenn es ein Recht aus dem Naturzustand ist, dann lässt es sich auch kaum auf den Verteidigungsfall beschränken, denn in einem Naturzustand ist zwischen Angriff und Verteidigung nicht zu unterscheiden.1 Die Staaten werden auf dieses naturgegebene Recht kaum noch zurückgreifen müssen, und wenn, dann nur mit Unterstützung aller Staaten, wenn sie sich einer Rechtsordnung unterwerfen, die ihnen eine ausreichende Sicherheit gibt, dass sie vor Gewalt von außen so gut geschützt sind, wie es die Bürger in ihrem Lande sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine derartige Rechtsordnung gefunden wird, hat nach 1949 sicherlich nicht zugenommen. Es sind inzwischen nicht nur die Staaten, die sich legitimiert sehen, im internationalen Raum von ihrer Gewalt Gebrauch zu machen, sondern immer mehr Bürger und Gruppierungen aus diesen Staaten, denen es gelingt, sich in den Besitz schrecklichster Waffen zu setzen, um dann als Bürgerkriegsparteien oder schlicht als Terroristen aktiv zu sein und es so den Staaten immer schwerer machen, für innere und äußere Sicherheit zu sorgen. Seit dem 11. 9. 2001, den Terrorakten auf das World-Trade-Center in New York und das Pentagon in Washington, scheint der Krieg zwischen den Staaten nicht mehr das vorrangige Problem der internationalen Gewalt zu sein. In Zukunft sind die durch das Zerfallen der Staaten entstehenden Bürgerkriege und die Terrorakte Einzelner oder internationaler Organisationen die mehr zu befürchtenden Schrecken, so dass man glauben könnte, die Sorge um die Abschaffung des Krieges vernachlässigen zu können. Es ist sogar zu befürchten, dass, wenn es lediglich gelänge, den Krieg aus den Beziehungen der Staaten zu verbannen, den beiden letztgenannten Phänomenen internationaler Gewalt gänzlich das Feld überlassen würde und das Recht zum Töten, wenn es im Krieg existent ist, auf alle diffusen 1 Siehe hierzu B III 3 a Gewaltgeschehen übertragen wird.. Eine Rechtsordnung, die den globalen Frieden zum Ziel hat, muss daher alle Phänomene internationaler Gewalt bekämpfen. Dabei darf sie keineswegs die Elimination des Instituts Krieg aus den internationalen Beziehungen vernachlässigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Abschaffung des Krieges Voraussetzung für die Eindämmung der anderen Formen internationaler geübter Gewalt ist. Die Terroristen und die Gruppierungen, die international Gewalt üben, sind nämlich der Überzeugung, dass sie in gleicher Weise legitimiert seien, zu den Waffen zu greifen wie die Staaten, wenn nicht sogar in einem noch höheren Maße. Während die Staaten mit ihrer Legitimation zur Gewalt nur regionale Interessen verfolgen, sind es insbesondere die Terroristen, die vorgeben, mit ihrer Gewalt überregional häufig religiöse und allgemeine Heilsinteressen zu vertreten. Nicht selten sehen sie sich berechtigt, zur Gewalt zu greifen, weil sie die Weltordnung generell für derart ungerecht halten, dass sie nur gewaltsam in ihrem Sinne geändert oder überhaupt beseitigt werden muss. Das Anwachsen international geübter Gewalt von Individuen und Gruppierungen scheint einen natürlicher Prozess des Schwundes des inneren und äußeren Gewaltmonopols der Staaten in Gang gesetzt zu haben, so dass sie immer weniger in der Lage sind, beide zu wahren und ihren Bürgern diese Sicherheit zu garantieren. Allein der Umstand, dass es immer mehr Individuen und Gruppierungen gelungen ist und noch gelingt, sich in den Besitz der schrecklichsten Waffen zu setzen, zeigt die wachsende Ohnmacht der Staaten und ihr offenkundiges Versagen. In immer mehr Staaten, sehen sich die Bürger genötigt, selber für ihre eigene Sicherheit zu sorgen, indem sie Sicherheitsunternehmen beauftragen, ihre Häuser und Anlagen zu bewachen, sich selbst bewaffnen oder mit aufwendigen Zaun- und Maueranlagen ihre Grundstücke und Anlagen zu umgeben, so dass sie mittelalterlichen Trutzburgen gleichen. Wenn die Staaten schließlich mit militärischen Mitteln gegen Terroristen, Verbrecherbanden und aufständische Volksgruppierungen vorgehen, geben sie zu erkennen, dass sie ihre Gegner für so mächtig halten, dass ihnen nur noch mit ihrem größten Gewaltpotential, das eigentlich nur gegen feindliches Militär eingesetzt werden sollte, zu begegnen ist, dass sie also den Staaten zumindest insofern gleich gestellt sind. Die Staaten befinden sich als Garanten der inneren und äußeren Sicherheit offensichtlich in einer Strukturkrise, die sie außerstande gesetzt haben könnte, überhaupt noch für ein globales Sicherheitssystem Sorge zu tragen. Sie sind allein schon wegen der durch die Kriegsführung entstehenden Kosten und Risiken weitgehend nicht mehr in der Lage, untereinander Kriege zu führen. Die Staaten brauchen aber das außenpolitische Gewaltmonopol, um über diese dahingehend verfügen zu können, dass jede nichtstaatliche Gewalt wirksam unterbunden und ein globales Sicherheitssystem, in dem auch der Krieg keinen Platz mehr hat, entwickelt werden kann. Schaffen sie das nicht, so besteht nicht nur die Gefahr, dass der Krieg nicht beseitigt werden kann, sondern dass die Ausübung von Gewalt zum globalen Normalverhalten wird. Sicherlich würde damit nicht das Recht zum Töten im Krieg zu einem Gemeingut, es wird aber als Recht auf Selbstverteidigung und damit als Notwehrrecht von einem Ausnahme- zum Regeltatbestand. Wenn aber diese drohenden Schrecken der Zukunft wirksam bekämpft werden sollen, dann sind zurzeit nur die Staaten dazu in der Lage. Zwar sind inzwischen schon andere Akteure auf dem internationalen Parkett aktiv, wie die NGO und die Weltorganisationen. Ihnen fehlt es aber noch an Potenz. Außerdem stehen sie noch in Abhängigkeit von den Staaten. Es bleibt also nichts anderes übrig, als die Staaten in ihrer Souveränität zu erhalten und sie darin zur neuen Wirksamkeit zu verhelfen. Dazu wird es notwendig sein, dass sie das Recht in den Mittelpunkt ihres Interesses stellen, d.h. dass sie sich zu Rechtsstaaten entwickeln. Als Rechtsstaaten wären sie aber nicht glaubwürdig, wenn sie glauben, ihre politischen Probleme weiterhin mit Hilfe von Kriegen, in deren Zentrum das Recht zu töten steht, lösen zu müssen. Terror und Bürgerkriege können nur wirksam bekämpft werden, wenn diejenigen, die diese Aufgabe erfüllen sollen, auf das Instrument des gewaltsamen Krieges verzichten. In gewisser Weise müssen die Staaten dazu restauriert werden und wieder mit einer Autorität und damit der Legitimierung zur Gewaltanwendung versehen werden, jetzt aber verbunden mit einem Recht, das aus der Völkerrechtsgemeinschaft statuiert wird und nicht aus einem Natur- oder Kriegszustand. Wenn die Staaten sowohl die innere Sicherheit auf ihren Territorien als auch die äußere in ihrem Verhältnis zueinander wirksam begründen wollen, so werden sie sich zur gegenseitigen Hilfeleistung miteinander solidarisieren müssen, dass sie ihre Strukturkrisen gemeinsam überwinden und wirksam dafür sorgen können, ihre Bürger vor Gewalt und sich selbst vor Aggressionen von außen zu bewahren. Die Krise wird sie dazu zwingen. Wie die Bürger berechtigt sind, zur Durchsetzung eigener Rechte, das Recht des Staates auf Gewalt in Anspruch zu nehmen, muss auch jeder Staat das Recht erhalten, die eigene Gewalt und die der anderen Staaten aus der Rechtsgemeinschaft in Anspruch zu nehmen, wenn es gilt, ein erstrittenes Recht gegen den unberechtigten Widerstand von einem anderen Staates durchzusetzen. In der Vergangenheit war der Krieg für die Staaten das einzige verfügbare Instrument, in der Außenpolitik Interessen und Rechte wirksam zu verfolgen. Schon daraus ist zu folgern, dass, wenn den Staaten, dieses Mittel endgültig und wirksam genommen werden soll, ihnen ein anderes in die Hand gegeben werden muss. Weil diese Voraussetzung fehlte, konnten die schlichten Kriegsverbote des Kellogg-Paktes und der UNO-Charta nicht erfolgreich sein. Man sollte sich auch keinen Illusionen hingeben: Die Gewalt selbst kann weder aus den Beziehungen der Bürger noch aus denen der Staaten endgültig eliminiert werden. Sie ist zu kanalisieren, und zwar dahingehend, dass sie nur zur Rechtsdurchsetzung in Anspruch genommen wird, denn der Krieg war ein gewaltsames Rechtsbeschaffungsinstitut. Er muss durch ein gewaltloses Verfahrensinstitut ersetzt werden. Seit 1986 arbeite ich an einer internationalen politischen Verfahrensordnung, der ein Aggressionsverhinderungsverfahren zur Seite gestellt und die so zu einer umfassenden Friedensordnung (FO) gestaltet ist. Diese Arbeit musste nebenbei geschehen, da ich hauptberuflich bis zum Jahre 2001 als Richter tätig war. Die internationale Verfahrensordnung mit weiteren Entwürfen für ein internationales Umwelt- und Minderheitsstatut, Änderungen des Statuts für den IGH und der UNO-Charta lagen im Jahre 1991 eigentlich komplett vor und wurden auch in einer Studie, Der Weg aus den Katastrophen2, vorgestellt. Diese anderen Statuten neben der internationalen Verfahrensordnung mussten ebenfalls erstellt werden, denn immer noch gilt die Erkenntnis Carl Friedrichs von Weizsäcker, dass ohne Gerechtigkeit zwischen den Völkern und ohne Erhaltung des Bestandes der Schöpfung (Biosphäre Erde) der Krieg in unserer globalisierten und vernetzten Welt weder beseitigt noch ersetzt werden kann. Der globale Frieden ist damit in unserer Zeit ein Ziel, das nicht nur für die Menschheit, sondern für den Fortbestand des Lebens überhaupt mit aller Kraft erreicht werden muss. Nach Erstellung der oben genannten Statuten füllten sich 20 Aktenordner mit Briefen, zwischen Völkerrechtlern, Friedensinstituten, Wissenschaftlern anderer Fakultäten, Politikern, Journalisten und Ministerien. Dabei wurde das Ziel verfolgt, die Aufmerksamkeit auf diese Statuten und natürlich ihre Annahme durch die internationale Politik zu erwirken. Diese Bemühungen zogen sich bis zum Jahre 1996 hin. Sie waren zwar nicht erfolgreich, aber auch nicht vergeblich. Abgesehen davon, dass ich nicht wenige Anregungen für diese Arbeiten erhielt, wurde mir zunehmend klar, dass die Existenz des Krieges im Bewusstsein aller Völker derart tief verwurzelt ist, dass allein die Vorstellung, ihn abzuschaffen oder auch zu ersetzen, von vornherein als ein unmögliches, utopisches Kuriosum abgetan wird. Bis in unsere Tage wird der Krieg als ein natürliches Phänomen betrachtet, das sich nicht aus der Welt schaffen lässt, wie das Unwetter oder das Erdbeben.3 Es gibt eine Kette vieler bedeutender Männer und Frauen, die auf verschiedene Art und Weise schon seit Ausgang des Mittelalters jeweils bereits für ihre Zeit versucht haben, den Krieg aus den Beziehungen der Völker zu verbannen. Ihr Scheitern ist nur deshalb kein Hinderungsgrund, dasselbe oder Ähnliches erneut zu versuchen, weil ihre Problemlösungen ganz auf jeweils ihre Zeit zugeschnitten waren und sie von Gegebenheiten ausgingen, die nicht oder nur bedingt auf die rechtlichen internationalen Verhältnissen unserer Zeit übertragbar sind. Diese Persönlichkeiten waren teilweise zu ihrer Zeit anerkannte Politiker, Philosophen, Dichter oder Wissenschaftler. Ihre Position und ihr Sachverstand halfen ihnen keineswegs; im Gegenteil, sie ernteten als weltfremde Phantasten häufig nur Hohn und Spott. Diesen wird man sicherlich auch auf sich ziehen, wenn man sich in unserer Zeit daran macht, Vorschläge zur Erreichung des „ewigen Frieden“ zu machen, zumal wenn sie nicht von einer derartig bedeutenden Person kommen, wie die aus der Vergangenheit. Diese persönlichen Nachteile und zu 2 Material Mappe, Weltfrieden ohne Faustrecht, Publik Forum, Oberursel, April 1991, S. 13 ff 3 Otto-Ernst Czempiel, Weltpolitik im Umbruch, a.a.O. S. 17 erwartenden Anfeindungen sollte man aber hinnehmen, wenn man bedenkt, dass die Menschheit mit allen anderen Lebewesen in einer derart gefährdeten Welt lebt, dass eine Lösung der Weltprobleme schon um des schieren Überlebens willen gefunden werden muss. Wenn man in Rechnung stellt, dass zu befürchten ist, dass die Kriege heutzutage mit einer großen Wahrscheinlichkeit auch mit atomaren, chemischen oder biologischen Mitteln, also mit den Waffen unserer Zeit, auch weiterhin geführt werden, dass die Klimakatastrophe nicht verhindert wird und dass ganze Völker in Elend und Krankheit versinken werden, dann ist die Vernichtung allen Lebens wahrscheinlicher als die Findung von Lösungen für diese Krisen. Es gibt daher zwei Gründe, die mich hoffen lassen, dass die von mir vorzuschlagende Friedenslösung bessere Chancen hat als die historischen Vorschläge, angenommen zu werden. Der erste besteht in der Dringlichkeit der Lösung der Menschheitsprobleme. Die Zeit drängt, wie Carl Friedrich von Weizsäcker seine Schrift im Jahre 1986 überschrieben hat.4 Den zweiten Grund sehe ich darin, dass den Staaten durch die Rezeption der von mir vorgeschlagenen Friedensordnung im Gegensatz zu den historischen Vorschlägen keine Einschränkungen, sondern sogar eine Vergrößerung und Gewahrleistung ihrer Souveränität erfahren werden. Es kommt hinzu, dass ich inzwischen in einem Alter bin, in dem man Hohn, Spott und Ablehnung leichter ertragen kann, als eine Person, die am Anfang ihrer Karriere oder im Zenit ihres Lebens steht. Ich will keineswegs ausschließen, dass meine Untersuchungen fehlerhaft sind und dass sie vielleicht zu dem Ergebnis führen, dass nichts mehr zu machen und der vorzeitige Untergang der Menschheit nicht mehr abzuwenden ist. Wenn man dann meine Gedanken wegen ihrer Unvollkommenheit ablehnt, könnten sie diesen oder jenen Politiker, die Völker oder die Staaten veranlassen, doch noch die Weltprobleme gemeinsam mit besseren Lösungsvorschlägen in Angriff zu nehmen. Ich für meine Person bin damit zufrieden, etwas Positives angestoßen zu haben. Die Bemühungen, den „ewigen Frieden“ zu erreichen, scheiterten in der Vergangenheit daran, dass man zwar den Krieg als Fehlleistung der menschlichen Gesellschaft verurteilte, aber die Beantwortung der Frage vernachlässigte, warum es der Menschheit bisher nicht gelungen ist, ihn aus den Beziehungen der Völker zu eliminieren. Wenn man dieses Problem ergründen will, muss man auf das Wesen des Krieges auf das Verhältnis des Menschen und seiner unterschiedlichen Kollektive zur Gewalt näher eingehen. Auch die unterschiedlichen Organisationsformen des Staates und dessen spezifisches Verhältnis zum Krieg müssen untersucht werden, da der Krieg schließlich ein völkerrechtliches Institut ist. Die Studie ist durch ihren Titel als juristische Arbeit deklariert. Ihr thematisches Anliegen konnte nicht mit den Erkenntnissen des Völker-, Staats-, und Strafrechts beantwortet werden, vielmehr waren weitgehend 4 Carl Friedrich von Weizsäcker, Die Zeit drängt, Carl-Hanser- Verlag, München, Wien 1986 Erkenntnisse der politischen Wissenschaft, Anthropologie, Biologie und schließlich Philosophie zu berücksichtigen. Fast alle Aspekte menschlichen Zusammenlebens, besonders auch solche der Wirtschaft und der Kultur, mussten mit in die Betrachtungen einbezogen werden. Auch dabei konnte es nicht bleiben. Gegenstand meiner Überlegungen musste auch werden, inwiefern das Kriegshinderungs- und Kriegsmäßigungsrecht bisher Einfluss auf das Kriegsgeschehen genommen hat und welche Chancen diese dem Völkerrecht zugehörigen Komplexe für die Zukunft eingeräumt werden. Der Lauf der Geschichte scheint in unserer Zeit immer mehr an Beschleunigung zu gewinnen. Vorschläge für eine internationale Friedensordnung können nur dann aufgegriffen werden, wenn sie die letzten Entwicklungen im internationalen rechtlichen, politischen, sozialen und kulturellen Bereich der menschlichen Gesellschaft berücksichtigen. Ein wesentlicher Grund dafür, dass die Arbeit bisher nicht veröffentlich werden konnte, ist der ständige radikale Wandel, dem die gesellschaftlichen Verhältnisse seit 1989 unterliegen. Damals lag der Beginn meiner Bemühungen drei Jahre zurück. War das internationale Geschehen bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion und der kommunistischen Systeme noch relativ überschaubar, so wurde es nach dem Ende der bis dahin bestehenden Bipolarität der Weltordnung zunehmend komplizierter. Hinzu kamen das unbeschränkte und fast unkontrollierte Wachsen der globalen Wirtschaft, der damit verbundene immer stärkere Rückgang der Volkswirtschaften, der Rückzug der Politik und die Schwächung der Wirksamkeit der Staaten. In den militärischen Interventionen der UNO und der NATO, in den Kriegen gegen Afghanistan, den Irak und zuletzt in dem Krieg zwischen Israel und dem Libanon im Jahre 2006 zeigten sich auch starke entscheidende Veränderungen der Kriegsführung, sowie die zunehmende Macht, Brutalität und Neuartigkeit der nichtstaatlichen international geübten Gewalt. Die Erstellung eines Kriegsverhinderungssystems, die diese Entwicklung der jüngsten Zeit unberücksichtigt lässt, kann allenfalls den Charakter einer historischen Studie annehmen, die nicht mein Anliegen war. Das bedeutet, dass jedes politische Konzept seine Aktualität sehr schnell verliert und nicht mehr in die Zeit passt. Es war also erforderlich, die während der Arbeit gewonnen Erkenntnis anhand des aktuellen politischen Geschehens ständig zu überprüfen, insbesondere auch das Kriegsverhinderungskonzept selbst. Auch diese Notwendigkeit trug wesentlich dazu bei, dass die Arbeit an Umfang zunahm und bisher nicht als Ganzes veröffentlicht werden konnte. Es ist weitgehend vermieden worden, neue Terminologien zu entwickeln. Zur Präzisierung ist im juristischen Bereich ist aber zwischen dem positiven und negativen Souveränitätsdogma, (letzteres soll zur Verhinderung von Krieg dienen, ersteres die Intervention rechtfertigen), unterschieden worden. Neu eingeführt sind die Begriffe des „Krieges gegen Unbekannt“ und des „Angriff durch Unterlassung“. Bei dem ersten Begriff handelt es sich um einen Krieg, in dem die eine Kriegspartei die andere nicht kennt. Der Angriff durch Unterlassung wird von einem Staat begangen, der es versäumt hat, die von ihm ausgehende Gewalt auf einen anderen Staat zu verhindern.